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Back All (7)

"Boah, ich hab echt keine Ahnung, wie ich den Tag überstehen soll", maulte Louise und ließ den Kopf auf ihre Tasche fallen, die auf ihrem Tisch lag, und seufzte schwer. Neben ihr saß Nina, den Kopf gesenkt und die strubbeligen Haare lugten unter ihrer orange-braunen Mütze hervor, die sie aussehen ließ wie ein "Gangsta". So jedenfalls hatte es Natalie beschrieben, die sie vorhin auf dem Gang getroffen hatten.
"Ich auch nich", antwortete Nina übel gelaunt und schaute mit kleinen Augen auf. "Ich konnte heute wieder nicht schlafen. Ist das normal?"
"Weiß nicht", wich Louise ihr aus. Auch sie hatte die Nacht kein Auge zugetan, ohne von rauchenden Dämonen mit goldenen Augen zu träumen. Schrecklich. Wenn das so weiterging, würden sie echt zum Psychiater rennen müssen. Was definitiv nicht lustig wäre. Ganz und gar nicht.
Louise seufzte erneut und rieb sich die pochenden Schläfen. Es fühlte sich an, als würde ihr jemand das Gehirn rausziehen wollen. Nicht sehr angenehm.
Sie hatten Deutsch, Englisch und gerade Geschichte gehabt. Aber es würde noch sehr viel schlimmer kommen. Mathe. Allein das Wort barg Depressionen in sich. Jedenfalls für Louise und Nina. Sicher auch für ein paar andere Schüler, aber die fühlten sich auch nicht wie wandelnde Leichen . Und sahen auch nicht so aus.
Es dauerte noch eine Weile, bis ihr Mathelehrer Herr Schmidt, auftauchte. In dieser Zeit versuchte Louise die Stimmen ihrer Mitschüler irgendwie auszublenden und an gar nichts zu denken. Was auch klappte, aber dann beschlich sie ein sehr unangenehmes Gefühl. Ihr Magen zog sich auf merkwürdige Weise zusammen und es war, als würde sie sich drehen. Und irgendwie drehten ihre Beine ihrem Körper voraus, sodass ihr Kopf nicht mehr zum Körper gehörte.
Erschrocken riss sie den Kopf hoch und sah sich um. Sie war im Klassenzimmer, die Schüler laberten noch immer und Louise drehte sich glücklicherweise nicht mehr. Trotzdem war ein unangenehmes Gefühl zurückgeblieben.
"Urgh."
"Was is'n?", wollte Nina wissen.
"Nichts", wich Louise ihr aus und rieb sich erneut die Schläfen. "Ich muss nur mal früher ins Bett." Und vorher vielleicht ein paar Schlaftabletten schlucken, dass ich keine Albträume kriege, dachte sie sich und schüttelte missmutig den Kopf.
"Joah. Wär sicher nicht schlecht", stimmte Nina ihr zu und fuhr sich mit einer Hand über die Augen. "Mir tun die Augen auch voll weh. Sollte wohl auch mal früher ins Bett."
"Ja."
Das halbherzige Gespräch verstummte, als der Lehrer hereinkam und mit seinen mathematischen Foltermethoden begann. Völlig fertig verließen die beiden Freundinnen am Ende der Stunde als erste das Klassenzimmer und flüchteten sich in die Bibliothek, die jedoch von einer Schar von Fünftklässlern übervölkert war, die sich davor drückten, in die eisige Kälte auf den Pausenhauf zu gehen.
Schnell verließen die beiden auch ihre heiß geliebte Biblo und verzogen sich in den zweiten Stock des anderen Hauses. Hier war es relativ ruhig und sie konnten auf dem Gang etwas essen, obwohl keine von beiden richtigen Hunger hatte.
"Oh Mann. Und dann auch noch Sport", stöhnte Nina und fläzte sich auf eines der schmalen Fensterbretter. Louise stellte sich neben sie und nickte, während sie ihren Apfel verputzte.
"Danach bin ich dann wahrscheinlich so kaputt, dass ich nur noch totmüde ins Bett falle."
"Ja. Wahrscheinlich. Ich werde auf morgen nichts mehr ..." Und dann verstummte sie und hielt mitten im Kauen inne. Louise starrte sie an und folgte dann ihrem starren Blick, der auf einen Punkt gerichtet war, den Louise nicht sehen konnte.
"Eh...Nina?"
Aber sie rührte sich nicht.
"Hallooooo!" Louise wedelte mit einer Hand vor den Augen ihrer Freundin herum, aber auch das half nichts. Louise verzog miesepetrig das Gesicht und puffte ihrer Freundin gegen den Oberarm. Beinahe wäre diese von der Fensterbank gerutscht.
"Was ist los?"
"Das will ich von dir wissen", entgegnete Louise. "Das is ziemlich gefährlich, besonders, wenn du über die Straße läufst oder so. Da kannst du ganz schnell zu Mus verarbeitet werden. Wollte ich dir nur mal so sagen."
"Hä?"
Louise hob eine Braue. "Was war das denn eben?"
Nina antwortete nicht sofort, sondern zuckte nur vage mit den Schultern und biss von ihrer Schinkensemmel ab. "Seit heute morgen in der Früh seh ich manchmal so komische schwarze ... Fladderdinger." Sie fuchtelte mit der Hand in der Luft herum.
"Fladderdinger?"
"Ja."
"Geht's vielleicht noch ungenauer?"
Nina stöhnte genervt auf und sprang vom Fensterbrett. "Keine Ahnung, wie ich das erklären soll. Ich lauf völlig unschuldig den Gang lang und plötzlich seh ich so 'ne Art schwarzen Rauch vor mir. Will ich den dann genauer anschauen, verschwindet er."
Eine Weile blieb es still, dann nickte Louise. "Aha."
"Mehr haste nicht zu sagen?" Nina hörte sich vorwurfsvoll an.
"Was soll ich dazu denn bitte Großartiges sagen? Ich hör ja auch nicht alle Tage, dass jemand schwarzen Rauch in der Weltgeschichte rumfliegen sieht", verteidigte Louise sich und seufzte laut.
"Mir war vorhin in Mathe so komisch. Als ich die Augen zugemacht hab, hab ich mich gefühlt, als würde ich mich irgendwie ... drehen."
"Drehen?"
Louise nickte stumm.
"Das is mal komisch."
"Genau so komisch wie dein Rauch."
Nina zuckte mit den Schultern. Dann hielt sie abermals inne und drehte sich zu Louise an, um sie aus großen Augen anzustarren.
"Was? Ist hier irgendwo so'n schwarzer Rauch?", fragte diese panisch und wedelte um sich herum.
"Was? Nein!"
"Oh, Mann, Nina! Erschreck mich doch nicht so!", maulte Louise und beruhigte ihren hämmernden Herzschlag.
"Reg dich mal ab. Ne, mir is nur grad was eingefallen."
"Und was?"
Nina senkte ein wenig die Stimme, als sie antwortete: "Könnte es vielleicht sein, dass dieser Dämon was damit zu tun hat?"
"Womit? Mit deinem Rauch und meinem Drehen?"
"Kann doch sein, oder?"
Louise grübelte einen Augenblick darüber nach, dann stieß sie ein genervtes Stöhnen aus und fasste sich an den Haaren. "Argh! Mein Kopf platzt grad! Dieser scheiß Kerl! Kann der seine schwarzen Griffel nicht woanders reinstecken?!"
"Louise! Schrei nicht so rum! Die können dich sonst hören!", ermahnte Nina sie und sah sich um. Mehrere Siebtklässler waren schon wieder auf dem Gang und sahen Louise mit seltsamen Blicken an. Als würde da eine Irre stehen.
"Sorry." Sie atmete tief durch und meinte dann: "Gehen wir lieber schon mal ins Klassenzimmer. Da schwirren vielleicht keine schwarzen Viecher rum."
"Joah."
NIna folgte ihr ins Klassenzimmer und sie nahmen Platz. Die Geographie-Stunde ging mehr als schleichend vorbei und nach der Stunde konnte Louise immer noch nichts mit dem Begriff "El-Nino" anfangen, obwohl sie die ganze Stunde darüber geredet hatten. Sie bekam einfach nichts in ihren Kopf rein. Zum Glück hatten sie jetzt Religion, da musste Louise nicht so viel mitarbeiten. Zumal sie ganz hinten saß.
Sie wünschte Nina viel Spaß bei ihrer verhassten Reli-Lehrerin und ging dann in ihr Klassenzimmer. Kurz bevor sie das Zimmer betrat, wurde ihr wirklich bewusst, wo sie war.
Sie stand direkt vor dem Speicheraufgang!
"Scheiße!", fluchte sie lautstark und rannte so schnell es ging in das Klassenzimmer. Sie verkroch sich ganz hinten und hielt die ganze Stunde den Kopf gesenkt. Sie wollte nichts von irgendwelchen religiösen Kriegen hören, nur weil die Typen sich nicht entscheiden konnten, welche Religion nun die richtige war.
Zum Glück bin ich Atheistin, kam ihrin den Sinn und sie lehnte sich ein wenig entspannter zurück.

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