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Es war ein langer Marsch durch die Wüste gewesen. Lang und monoton, und doch so abwechslungsreich. Gähnende Leere schien sich rechts und links der Truppe zu erstrecken. Wohin man auch blickte, nur Sand und Sandberge. Hin- und wieder ein vereinsamter Kaktus. Sie hatten sich dick eingepackt, was Fasif zu Beginn seiner Reise irritiert hatte, da er geglaubt hatte, die Wüste sei ein einziges Feuer unter der harten Sonne. Er hatte nicht mit der dramatischen Abkühlung in der Nacht gerechnet. Die Erde unter ihnen vermochte nachts, um das doppelte abzukühlen. Tagsüber schützte die lange Kleidung sie vor gelegentlichen Sandstürmen, ebenso wie ein Mundschutz, den die gesamte Reisegruppe um Mund und Nase trug. Schon nach einem Tag jedoch spürte Fasif Sand zwischen seinen Zähnen, in seinen Ohren und sogar zwischen seinen Fußzehen. Er und sein Leibwächter Bouhr folgten Artuk, einem Mann, der die Wüste und deren Oasen kannte, wie Fasif die Bücherei seines Verwandten Tarun, von dem er sich schweren Herzens hatte verabschieden müssen, um nach Hause zurückzukehren. Falls er das alte Königreich seines Vaters noch sein Zuhause nennen durfte. Er seufzte. Nun standen sie endlich vor den lang ersehnten Stadtmauern jener Stadt, an die sich Fasif nur schemenhaft erinnerte.

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Die Bewohner der Stadt verhielten sich komisch. Ziduin erklärte Fasif das es bisher nur einen geringen Widerstand gab. Der Tod seines Vaters und die damit verbundene Machtübernahme durch das Regime lagen erst wenige Wochen zurück. Noch hofften die Menschen, das sie persönlich nicht betroffen sein würden. Das war immer so, erzählte er weiter. Es konnten Monate dauern, bis die Menschen begriffen, dass sich durch den politischen Machtwechsel ihr ganzes Leben verändern würde. Selten zum Guten. Einige Männer schienen den alten Grafen wieder zuerkennen und schnell flüsterte man um sie herum, das der König erschienen war.
Der König. Das war noch zu hoch gegriffen, aber im Prinzip hatten sie Recht. Fasif war der König. Bouhr drängte die anderen beiden zur Eile. Er wollte nicht warten, bis die Gerüchte um die Neuankömmlinge die Soldaten erreicht hatten und diese sich auf die Suche nach ihnen machten.
Plötzlich kam aus dem Nichts eine junge Frau angesprungen. Bouhr war zu langsam gewesen. Die Frau hatte Fasif ihren Arm um den Hals gelegt und hielt ihm mit der anderen Hand ein kleines Gürtelmesser an die Kehle.
"Seit ihr es etwa wirklich mein König?" Fasifs Augen weiteten sich. Er kannte ihre Stimme. "Dina?" Sie ließ ihn los und als er sich zu ihr umdrehte, umarmte sie ihn. "Ihr seit es wahrhaftig Mylord." Fasif betrachtete Dina. Sie trug die Kleider der Saarden. Die Saarden waren eine Art Orden. Auch bekannt unter Söldnerorden. Das rote Band auf ihren Schultern wies sie als Schattenläuferin aus. Eine verdeckte Mörderin. Eine Meuchlerin. Das Zeichen zweier sich kreuzender Pfeile auf ihrer Brust, bedeutete das sie Schützin war. So wie Fasif sie kannte, war sie Bogenschützin. Keiner war damals besser im Verstecken und Bogenschießen als Dina. Fasif hätte sich keinen besseren Beruf für seine beste Freundin vorstellen können.
"Kommt mit, wir werden euch helfen." Fasif war sofort einverstanden, Bouhr sah zuerst Ziduin an, doch als dieser nickte, folgte auch er der jungen Frau.

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" Du bist so lange fort gewesen.", sagte Dina, während die kleine Gruppe ihr folgte. Fasif war sich nicht sicher, ob in ihrer Stimme auch ein kleines bisschen Vorwurf mitschwang, oder ob es nur eine Feststellung war.
" Ich weiß. Ich musste viel lernen.", erwiderte er ruhig. Sie liefen durch enge Gassen und die Menschen beäugten sie neugierig. Fasif war klar, dass sie sich schnellstmöglich umziehen mussten, denn ihre Kleidung verriet, dass sie Neuankömmlinge aus der Wüste waren. Noch immer baumelte sein Mundschutz ihm um den Hals.
Sein Leibwächter Bouhr neben ihm hatte eine Grimasse geschnitten und Fasif wusste genau, was ihn wurmte. Wäre Dina keine Freundin gewesen, wäre Fasif, sein Schützling, nun tot.
Fasif legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter, aber Bouhr schenkte ihm nur ein müdes Lächeln.
Während Dina vorlief, fragte sich Fasif, wie viele Menschen sie wohl schon getötet hatte. Sicherlich wäre es hilfreich, wenn sie und ihre Meuchelmörder ihm helfen würden, aber Fasif wusste nicht, ob das wirklich die beste Möglichkeit war. Die Meuchelmörder hatten einen schlechten Ruf im Volk und die Menschen fürchteten sie...und Fasif wollte ganz gewiss nicht, dass die Menschen ihn fürchteten, wie sie die Tyrannen fürchteten. Wenn er jedoch einen Pakt mit Meuchelmördern abschloss, würde er sicher schnell in Ungnade verfallen. Er wusste nicht genau, was ihn veranlasst hatte Dina einfach so zu folgen, womöglich ihre alte Vertrautheit...oder Ziduin, der dem ganzen zugestimmt hatte.
Plötzlich blieb Dina vor ihnen stehen und drehte sich mit einem breiten Grinsen um: " Nun meine Herren, wir sind da."

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Fasif war so in Gedanken versunken gewesen, das er gar nicht darauf geachtet hatte, wo sie überhaupt hin gelaufen waren. Nicht das er sich nach all den Jahren noch an den gesamten Stadtplan erinnern konnte, aber gerade für eine schnelle Flucht, war es immer wichtig, genau zu wissen wo man war. Das hatte er jedenfalls gelernt und er hätte sich selbst eine Ohrfeige verpassen können, das er das nun vergessen hatte. Die vier standen vor einem allein stehenden Gebäude. Das alleine war schon mehr als außergewöhnlich in den Wüstenstädten dieser Region, aber dazu kamen noch andere Faktoren. Das Sandsteingebäude war in einem helleren Ton als die umliegenden Gebäude. Fasif schätzte, das man während eines Sandsturmes nicht würde ausmachen können. Außerdem hatte das Haus zwei kleine Türme auf dem Dach und war erheblich größer als seine Nachbargebäude. Vor dem Eingang saß ein alter Mann und trank gemütlich aus einer kleinen schwarzen Tasse, während er so tat, als würde er in einem Brief lesen. Doch diesmal passte Fasif auf, er enttarnte ihn in weniger als zwei Sekunden. Der Mann schielte immer wieder die Straße hinauf und unter seinem langen Gewand war eine Beule. Zweifelsohne ein Säbel. Er hatte viel von Tarun und Ziduin gelernt, doch er war noch immer zu langsam. Dina und Ziduin waren bereits fast im Haus und Bouhr wartete ungeduldig auf Fasif. Er sah zu das er sich beeilte und ging schnellen Schrittes auf den Eingang zu. Der alte Mann beachtete sie nicht weiter, doch Fasif wusste, das er sie innerhalb von wenigen Augenblicken niedermetzeln könnte. Selbst Bouhr hatte keine Chance gegen einen Meister der Saarden. Und ein Meister war dieser Mann definitiv. Als er das Haus betrat, entfuhr ihm nur ein lang gezogenes "Wow".
Damit hätte er niemals gerechnet.

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Die Decke des Hauses erstreckte sich weit über ihre Köpfe und der Boden war aus kaltem, aber schönem glänzenden Marmor. An den Wänden hingen kostbare Gemälde, der Raum war dekoriert mit Kostbarkeiten. Es wirkte fast gemütlich, läge nicht eine angespannte Atmosphäre in der Luft. Hinten im Raum führten mehrere Türen aus der pompös wirkenden Eingangshalle, in Nebenkammern oder breite Gänge. Fasif vermochte es nicht zu sagen. Mehrere Säule ragten in der Mitte des Saales hinauf, vor jeder stand eine Art Wachmann mit Säbel. Fasif wusste, dass sie beobachtet wurden, obwohl sie Niemand direkt ansah. Er spürte es. Genauso wie Bouhr, der näher an ihn heranrückte. Auf einmal fragte ich Fasif, ob es wirklich gut gewesen war, Dina einfach so zu folgen. Vielleicht hatte sie sich in den Jahren, in denen er fort war verändert. Doch ein unbestimmtes Gefühl in seinem Magen vertraute seiner Freundin. Außerdem wurde ihm klar, dass er Jemanden brauchte, der die Stadt kannte: jede Gasse, jeden Winkel. Die Saaren schienen sich bestens auszukennen und zusätzlich gaben sie sicherlich gute Leibwächter ab. Trotzdem war Fasif noch immer unschlüssig, ob es gut war, mit ihnen gesehen zu werden. Als Bouhr sich straffte, zuckte Fasif zusammen und folgte seinem Blick: Eine Gestalt kam langsam zwischen den Säulen auf sie zu.

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Ziduin blieb ruhig, er lächelte den Fremden sogar an, aber Bouhr war sichtlich nervös. Die ganze Zeit über, waren seine Hände in Reichweite seines Schwertes und seiner Wurfmesser. Das entging auch den Wachen nicht. Fasif zählte Zwölf. Auf jeder Seite reihten sich je ein Mann an die je sechs Säulen. Fasif zweifelte nicht daran, das sich noch mindestens zwei Bogenschützen im verborgenen hielten. Der Mann, der auf sie zukam, war komplett in schwarz gekleidet. Als er die Gruppe fast erreicht hatte, streifte er seine Kapuze ab. Er war nicht viel älter als Fasif. Er hatte langes blondes Haar und eine tätowierte Schlange neben seinem rechten Auge.
Dina verbeugte sich vor ihm und trat dann wie ein Geist in den Schatten einer der Säulen. Fasif guckte ungläubig, sie war verschwunden. Nein sie war da, keine drei Meter von ihm entfernt, er wusste es, aber man konnte sie nicht sehen. Die tiefe Stimme des anderen Mannes lenkte Fasifs Aufmerksamkeit wieder von der Säule ab. "Willkommen mein König.", sagte er ruhig und verbeugte sich tief. Er sah Ziduin an. "Graf, wir hatten uns schon gefragt, wann ihr endlich hier eintrefft." Die beiden umarmten einander. "Euer Verlust tut mir Leid Vidin. Euer Vater war ein guter Freund. Sein Tot hat uns alle schwer getroffen. Fasif? Darf ich dir Fürst Vidin von Yirs vorstellen?" Fasifs Augen waren noch größer. Von Yirs, er erinnerte sich an Vidins Vater, einen engen Vertrauten seines Vaters. Er war mit ihm zusammen ermordet worden, wenn das stimmte, was die Spione ihnen berichtet hatten. "Ich und meine Männer stehen weiterhin zur Krone, mein König." Er verbeugte sich noch einmal. "Lasst euch mich die wichtigsten Personen des Widerstandes vorstellen." Vidin drehte sich um und ging durch die größte Tür, gegenüber des Eingangs. Die drei marschierten ihm hinter her und auch Dina schloß sich ihnen wieder an. Als sie durch die Tür traten, befanden sie sich in einem großen, dunklen Raum. In der mitte war ein großer, runder Tisch aufgestellt. Es saßen vier Männer und zwei Frauen daran. Vier weitere Plätze waren frei. Über dem Tisch gab es eine Galerie, doch wenn sich dort Bogenschützen befanden, konnte Fasif sie nicht ausmachen. "MEine Freunde, der König von Kubina!"

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