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"Poker."
"Ja klar."
"Nein ernsthaft", beharrte Timo, "das ist alles eine einzige Zockerei."
"Spieler sind Verlierer. Diese Leute verlieren nicht", meldete sich Paul, ohne das Display seines Laptops aus den Augen zu lassen.
"Sagt wer?" wollte Thilo wissen und bemerkte Timos traurigen Blick, als Daniela seufzend zu ihm herüber sah.
"Ich", antwortete Paul mit dem Selbstbewusstsein eines Schuljungen, der mit den Großen spielen durfte.

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"Diese Leute, nebenbei bemerkt Individualisten wie wir, mögen in den Augen der Öffentlichkeit Gewinner sein; in Wahrheit sind sie häufig ziemlich arme Schweine." Daniela lehnte sich zurück und betrachte nach einem Rundblick über die Köpfe der Gruppe hinweg ihre spitzgefeilten, lackfreien Fingernägel.
"Behauptest du jetzt aufgrund deiner Erfahrungen als Gelegenheitshure oder als Studentin der Geologie?" fragte Thilo grinsend.
"Wer weiß", frotzelte Timo, ebenfalls grinsend, "vielleicht hat Daniela bei einer Ihrer Exkursionen in die Abgründe unseres Planeten den Stein der Weisen gefunden."

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"Was weißt du schon von Abgründen?" zischte Daniela und sah Timo herausfordernd an.
"Na hör mal! Was glaubst du, was man an den Spieltischen der Welt für unglaubliche Schicksale zu sehen bekommt?" rief Timo, empört darüber, dass Daniela ihn vor den Freunden klein machte.
"Im Internet. Alles klar Timo", lachte Paul und erntete einen entsprechend unfreundlichen Blick.
"Kriegt Euch jetzt bitte nicht in die Haare", bat Jutta leise. "Ich kann mir gut vorstellen, dass Daniela manch einen Großkotz ganz klein gesehen hat, wenn er bei Ihr war."
Dass plötzlich alle ihren Blick auf sie richteten, in der Hoffnung, dass sie aus dem Nähkästchen plaudern würde, gefiel Daniela gar nicht. Sie hatte bis heute nicht von ihrem Prostituiertendasein geredet und wollte das auch nicht anfangen. Trotzdem beschloss sie, ein Antwort zu geben: "Ich hatte mal einen Kunden, da würdet Ihr staunen, was für ein armes Licht das war. Der steckte dermaßen voller Minderwertigkeitsgefühlen, dass ich ihn nur noch bedauerte und tröstete, wann immer er zu mir kam. Und wisst Ihr was sein Hauptproblem war? Er hat nie verstanden, warum ihn niemand mochte, wo er doch nur seinen Job als Unternehmenssanierer machte. Nicht einmal die Millionen, die er dafür bekam, dass er Massenentlassungen in Großunternehmen anordnete, konnten ihn darüber hinwegtrösten, dass ihn niemand liebte.
"Liebesentzug", seufzte Jutta, "da kommt keiner mit klar."

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  • zum Thema: Solange wir Schmarotzer füttern

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